Tariferhöhung für Behandlungen in Zürcher Arztpraxen und Spitalambulatorien unsicher
Ärzteschaft auch kantonal «on hold»
Die Zürcher Regierung hatte Ende März eine Tariferhöhung für Behandlungen in Arztpraxen und Spitalambulatorien beschlossen, da sich die Kassen mit den Spitälern und der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich nicht einigen konnten. Wie nun bekannt wurde, akzeptieren die Krankenversicherer diese Erhöhung von 89 auf 91 Rappen nicht und ziehen den Kanton Zürich vor Gericht. Ein Interview mit Hausarzt Dr. med. Rainer Hurni, Vorstandsmitglied bei mfe Zürich und Tarifdelegierter der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich.
Rainer Hurni, welches Fazit ziehen Sie als Tarifverantwortlicher von AGZ und mfe Zürich aus den bisherigen Verhandlungen zum Taxpunktwert (TPW)?
Rainer Hurni: «Seit über 10 Jahren kämpfen wir um eine Erhöhung des TPW in Zürich. Viel Kraft, Konstanz, Optimismus und Durchhaltevermögen waren gefragt. Nach zähen Verhandlungen hat sich die Gesundheitsdirektion des Kanton Zürich schliesslich nach vier Jahren Festsetzungsverfahren zu einem Entscheid zugunsten der Ärztinnen und Ärzte durchringen können. Unter anderem auch dank der zusammengetragenen Daten aus RoKo und MAS. Mit noch besseren Daten der Ärztinnen und Ärzte hätten wir mehr erreichen können. So müssen wir einiges bei der Sammlung und Koordination der RoKo - und MAS Daten modifizieren, aber wir arbeiten daran. Tatsache bleibt aber: Ohne unser Eingreifen hätten wir seit sechs Jahren immer noch einen Taxpunktwert von 87 Rappen. Jetzt sind es 91 Rappen, die uns gemäss Kanton seit vier Jahren zustehen, und immerhin haben wir in der Zwischenzeit 89 Rappen / TP erhalten.»
Was frustrierte sie besonders?
RH: «Die konstante und konsequente Ablehnung jeglicher Kompromisse durch die Krankenversicherer, die sich als Tarifpartner ausgeben, haben mich gleichermassen verblüfft wie frustriert. Jegliche, auch kleinste Zugeständnisse wurden trotz besserer Argumente, klarer Faktenlage und trotz besseren Wissens regelmässig und kompromisslos abgeschmettert. Eine konstruktive Ebene war leider nie möglich, der juristische Weg offenbar von Vornherein eingeplant. Die Verzögerung unserer berechtigten Ansprüche war nicht offen deklariert, aber offensichtlich das Ziel. In solchen Situationen kann ich keine konstruktive Partnerschaft ausmachen.»
Was sind die nächsten Schritte?
RH: «Die Erhöhung des TPW wird jetzt vor Bundesverwaltungsgericht verhandelt werden müssen. Gemäss Einschätzung unserer Juristen stehen die Chancen für eine definitive Erhöhung des TPW wie vom Kanton vorgeschlagen auf 91 Rappen gut. Dies wird retrospektiv geschehen, aber mit mehrjähriger Verzögerung. Inzwischen können wir unsere Positionen ausbauen, die Datenqualität verbessern und weiterkämpfen.»
MAS vs. RoKo
Rollende Kostenstudie RoKo
Mit der RoKo werden kontinuierlich die betriebswirtschaftlichen Eckwerte der Arztpraxen erhoben. Sie messen die Wirtschaftlichkeit von Leistungen, die in der ambulanten Medizin erbracht werden. Seit 1990 wird die RoKo im Auftrag der Ärztegesellschaften durchgeführt. In vielen Kantonen ist die Datenerfassung obligatorisch, so auch im Kanton Zürich. Gemäss der Ärztekasse ist sie die einzige neutrale Datenquelle zur Erhebung der wirtschaftlichen Situation der freipraktizierenden Grundversorger im Gesundheitswesen. Die RoKo-Zahlen können auch in der Erhebung MAS verwendet werden. Weitere Informationen
MAS (Medical Ambulatory Structure)
Ist die Erhebung «Strukturdaten Arztpraxen und ambulante Zentren» des Bundesamts für Statistik (BFS). Die Erhebung liefert Informationen zu den Unternehmen und zu den Standorten sowie zum ärztlichen und nichtärztlichen Personal. Die Teilnahme ist für alle Arztpraxen und ambulanten Zentren in der Schweiz obligatorisch. Weitere Informationen