Fokus
Haus- und Kinderärzte sind erste Anlaufstelle!
Der Bundesrat hat am 19. August 2020 Massnahmen gegen steigende Gesundheitskosten in die Vernehmlassung geschickt. Hausarztbasierten Gesundheitssystemen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. mfe setzt auf Freiwilligkeit und lehnt Massnahmen ab, die zu Rationierungen führen und zulasten des Patientenwohls gehen.
Bei den bundesrätlichen Massnahmen im Fokus stehen sogenannte «Erstberatungsstellen». Dabei handelt es sich primär um Hausärzte, Gruppenpraxen und telemedizinische Zentren. Das erstaunt wenig: Hausärzte lösen 94,3% der Gesundheitsprobleme (Studie des Instituts für Hausarztmedizin Zürich) selber und nehmen dafür nur 7,9% der Gesundheitskosten in Anspruch (Obsan Bulletin 2016/1). Eine hohe Bedeutung haben die Beziehungen zu den Patientinnen und Patienten sowie das Kennen ihrer Krankengeschichten. «Unsere langjährigen Patientenbeziehungen wirken auch im Bereich Prävention. Damit vermeiden wir aktiv Folgekosten», betont Philippe Luchsinger, Präsident von mfe Schweiz. Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass sich Hausarzt- und damit verwandte Modelle zunehmend durchsetzen, wenn Prämienrabatte einen entsprechenden Anreiz setzen und das Patientenwohl im Vordergrund steht. «Wir setzen aber auf Freiwilligkeit. Ein Obligatorium, wie es der Bundesrat jetzt vorschlägt, lehnen wir ab.»
Stärkung der interprofessionellen Zusammenarbeit
Brigitte Zirbs, Vizepräsidentin von mfe, begrüsst die geplante Stärkung der interprofessionellen Zusammenarbeit verschiedener Akteure im Gesundheitswesen, sei sie doch eine langjährige Forderung von mfe. Es sei jedoch nötig, dass interprofessionelles Arbeiten und die nötigen Koordinationsaufgaben entsprechend vergütet werden. Bei Patientinnen und Patienten mit komplexen Krankheitsbildern sei diese Koordination häufig zeitintensiv, lohne sich aber langfristig sowohl bezüglich der Qualität der Versorgung der Patienten, als auch wegen der finanziellen Einsparungen aufgrund vermiedener Hospitalisationen.
Vergütungsregeln und Pauschalen
mfe steht den vorgeschlagenen Pauschalen sehr kritisch gegenüber. Pauschalen sind gerade in der Erstbeurteilung nicht zielführend und verhindern ein auf den Bedürfnissen der Patienten beruhendes Vorgehen. «Zudem sind Pauschalen schwierig, da der Bedarf an ärztlicher Beratung und Untersuchung je nach Patient, Erkrankung und Situation stark variieren kann», meint Heidi Zinggeler Fuhrer, Vizepräsidentin und Co-Leiterin Tarife mfe. Inakzeptabel ist eine Pauschalisierung der Erstberatung, wenn die Abgeltung der haus- und kinderärztlichen Leistungen zur faktischen Rationierung von Versorgungsleistungen führen sollte.
Zielvorgaben und Leistungsbeschränkung
Eine weitere Massnahme betrifft den vorgegebenen Umfang der medizinischen Leistung. Mit einer Zielvorgabe, die in der strikten Variante obligatorische Korrekturen vorsieht, soll die medizinische Leistung beschränkt werden, was mfe vehement ablehnt. Massnahmen, die zu einer Rationierung oder zur Reduktion der Behandlungsqualität führen, sind inakzeptabel. Rationierungen gehen immer und direkt zulasten der Kranken und Verunfallten. Zudem haben die Tarifpartner mit Tardoc vor einem Jahr einen revidierten ambulanten Tarif vorgelegt, der verbindliche Korrekturmassnahmen einschliesst. Der Bundesrat ist aufgefordert, diesen neuen Tarif zu genehmigen, bevor er neue Massnahmen zur Diskussion stellt.