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Online-Magazin von mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz

Lesedauer ca. 4 Min.

(Noch) Keine Erfolgsgeschichte aus Sicht von Haus- und Kinderärzt:innen

Elektronisches Patientendossier – wo stehen wir?

(Noch) Keine Erfolgsgeschichte aus Sicht von Haus- und Kinderärzt:innen

Vor allem in den Social Media wurde eine Werbekampagne zum EPD gestartet mit prägnanten, teils vollmundigen Statements: «Das EPD wirkt!». Doch wo stehen wir überhaupt und ab wann können wir behaupten, dass das EPD auch für uns und unsere Patientinnen und Patienten einen Mehrwert bietet?

Gegenwärtig laufen die Vernehmlassungen zur Übergangsfinanzierung bis zur Umsetzung der umfassenden Gesetzesrevision sowie auch die Vernehmlassung zur umfassenden Gesetzesrevision.

Letztere wurde diesen Frühsommer präsentiert und umfasst nicht ganz unerwartet äusserst relevante Veränderungen. Die zwei wohl wichtigsten Veränderungen, die uns direkt betreffen, sind folgende: 

  1. Es ist vorgesehen, dass für jede Person, die in der Schweiz einen Wohnsitz hat und eine Krankenversicherung nach OKP (oder auch Militärversicherung) besitzt, automatisch ein EPD eröffnet wird. Möchte diese Person kein EPD, so kann sie die Sistierung des EPD beantragen (opt-out-Modell). 
  2. Ebenso sollen alle ambulanten Leistungserbringer, die zulasten der OKP abrechnen, verpflichtet werden, sich einer Stamm-/Gemeinschaft anzuschliessen und behandlungsrelevante Daten im EPD abzulegen. Bei Nichtbefolgen dieser Pflichten können die Behörden Sanktionen aussprechen. 

Diese beiden Massnahmen sollen die bisherige minimale Anzahl von rund 23’000 eröffneten EPD (Stand Juli 2023) erhöhen und dem EPD zum Durchbruch verhelfen. Soweit der aktuelle Stand auf Ebene der Gesetze und Vorhaben des Bundes. 

 

PDF-Ablage ohne Mehrwert

In den vergangenen Jahren wurde viel Entwicklungsarbeit geleistet, wurden Stamm- und Gemeinschaften (Betreibergesellschaften des EPD) gegründet und wieder reorganisiert, Daten-Standards und Austauschformate erarbeitet. Partner, welche für die technische Infrastruktur verantwortlich sind, haben sich etabliert und wurden dann wieder gewechselt. Alle diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass weiterhin kein nahtloser Austausch von Daten im EPD möglich ist. Gesundheitsfachpersonen, die der Stammgemeinschaft A angeschlossen sind, können das EPD der zu behandelnden Person, die bei Stammgemeinschaft B ein EPD eröffnet hat, noch nicht in allen Fällen einsehen. Natürlich ist diese cross-community-Funktionalität geplant – aber noch nicht einwandfrei umgesetzt. Der Daten-Austausch ist das eine Problem, für uns Haus- und Kinderärzte der noch fehlende Mehrwert oder sogar effizienzsteigernde Effekt des EPD das noch grössere. Zurzeit handelt es sich tatsächlich um eine PDF-Ablage und diese hilft uns im Alltag nicht weiter. Im Gegenteil. Es bedeutet deutlich mehr Zeitaufwand, sich in dieser Ablage zurechtzufinden. Da hilft es auch nicht, wenn Anbieter der Praxisinformationssysteme damit werben, dass die Anbindung ans EPD einfach geregelt sei und das Dokument als PDF-Datei per Klick in die eigene Patientenakte abgelegt werden kann. Dennoch - das EPD ist und bleibt nur eine PDF-Ablage. Es wurden Austauschformate definiert und weiterentwickelt, die eine tiefe Integration der Daten im EPD in unsere Praxisinformationssysteme künftig erlauben könnten. 

 

Unterstützung für den Praxisalltag

Einzelne Bestandteile des EPD wie der eMedikationsplan oder der eImpfausweis stehen kurz vor der Einführung. Sie können in Zukunft dank der definierten digitalen Austauschformate einfacher und strukturiert mit den Daten in unseren Praxisinformationssystemen abgeglichen oder integriert werden. Hier sehe ich erste Ansätze, wie das EPD uns Haus- und Kinderärzte und alle in unserem Behandlungsnetzwerk eingebundene Gesundheitsfachpersonen unterstützen kann. 

Bis wir allerdings so weit sind, dauert es noch und die schlechten Signale der Zwänge durch Gesetze und Auflagen sind leider stärker zu spüren als der Mehrwert, den ein EPD bringen kann. mfe setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, dass wir nicht mit Gesetzen und Regulatorien konfrontiert werden, die wir nicht oder nur mit massivem Mehraufwand befolgen können; umgekehrt bringen wir auf mehreren Ebenen unsere Anforderungen an ein funktionierendes EPD ein. Wir Haus- und Kinderärzte sind keineswegs die Verhinderer eines EPD, so wie es uns kürzlich vorgeworfen wurde. Vielmehr arbeiten wir mit bei der Entwicklung eines für uns sinnvollen und unterstützenden EPD. Als zentraler Dreh- und Angelpunkt für unsere Patientinnen und Patienten sind wir äusserst interessiert an einem gut funktionierenden EPD.