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Online-Magazin von mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz

Lesedauer ca. 4 Min.

Stärkung von Prävention und medizinischer Grundversorgung – die Früchte hängen gar nicht so hoch!

Grosses Potential für das neue Parlament

Stärkung von Prävention und medizinischer Grundversorgung – die Früchte hängen gar nicht so hoch!

Ein neuer Gesundheitsminister! Oder eine neue Gesundheitsministerin? Dies dürfte diejenige Schlagzeile sein, die die Grundversorger:innen der Schweiz am meisten interessiert. Zwar wird auch in der Ärzteschaft interessiert das kleine Spektakel der Bundesrats- und Bundeskanzlerwahlen verfolgt, aber wichtiger ist sicher diejenige erste Sitzung des neuen Bundesrates, die die Departemente verteilt. Denn auf dem Chefposten im EDI werden diejenigen Weichen gestellt, die unsere Rahmenbedingungen für die tägliche Arbeit beeinflussen, und dies nicht zu knapp.

Lassen wir die anstehenden Geschäfte Revue passieren: 

Unreife Früchte sollen vors Volk

Zwei Volksabstimmungen sind für das nächste Jahr bereits gesetzt, es geht um die beiden Volksinitiativen der SP und der Mitte, zur Prämienverbilligung und zu einer Kostenbremse. 

  • Wo bei den Prämienverbilligungen der Gegenvorschlag aus Sicht der Initianten ungenügend ist, herrscht bei der Analyse Einigkeit. Es braucht eine Nachbesserung im Bereich der Prämienverbilligungen, der Staat hat sich in den letzten Jahren aus der Verantwortung gestohlen und seinen Anteil immer mehr reduziert. Und wie so oft bei föderalem Spielraum haben einige Kantone kräftig verbilligt, andere Kantone sich hingegen vornehm schadlos gehalten und eher auf das Kantonsbudget als jenes der Versicherten geschaut. Darum ist auch hier eine Korrektur Richtung Chancengleichheit unabdingbar. mfe unterstützt alle Bestrebungen, Patientinnen und Patienten den Zugang zum Gesundheitssystem offenzuhalten. Der Verzicht auf die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen aus finanziellen Gründen ist ein gesellschaftliches Problem, das wir in den Griff bekommen müssen.
     
  • Bei der Initiative der Mitte ist ausser Ideologie und Schlagworten nicht viel realitätsnaher Inhalt erkennbar. Niemand weiss nach zwei Paketen Kostendämpfung, wie denn die Idee der Initiative umsetzbar sein könnte. Schon nur der Gegenvorschlag ist eine administrative Strafaufgabe ohne Mehrwert, ein Versuchsballon des Parlaments, um sich der Initiative zu entledigen. Dass die Initiative nicht zurückgezogen wird, ist hauptsächlich politische Propaganda. Mit den Kosten- und Qualitätszielen des Gegenvorschlags werden wir uns köstlich amüsieren – einen Effekt werden sie nicht haben. Sie können aber durchaus als Testballon für ein Globalbudget gesehen werden – wofür wir nicht Hand bieten werden.
     

Äpfel für Birnen verkaufen - da machen wir nicht mit

EFAS, die einheitliche Finanzierung Ambulant-Stationär ist eigentlich überfällig. Wir erwarten uns davon eine Korrektur falscher Anreize und den formalen Nachvollzug der Absicht «Ambulant vor Stationär», verkündet von vielen, im Moment halbbatzig umgesetzt mit viel Bremsspuren. Das von Gewerkschaftsseite angekündigte Referendum unterstützen wir nicht, denn der Schritt ist überfällig.

Dass die Koordinierte Versorgung ein vielversprechender Ansatz in der Gesundheitsversorgung ist, beweisen die erfolgreichen Netzwerke und die wahren Hausarztmodelle, die das bereits praktizieren. Leider hat der erste Versuch des BAG gezeigt, dass das staatliche Verständnis dafür ein realitätsfernes ist. Wir werden das Erreichte verteidigen müssen und den Realitätscheck einfordern. 

Überhaupt haben die Kostendämpfungspakete bisher wohl mehr gekostet als sie je an Kosten einsparen werden. Der Blick auf die Kosten dürfte weiterhin kein fruchtbarer Ansatz sein und dient eigentlich nur der Beruhigung des Gewissens und als Alibi in den jährlich wiederkehrenden Prämiensteigerungsdiskussionen. 

 

Wer ernten will, muss säen

Wir schlagen darum eine Wiederaufnahme unseres Masterplans Hausarztmedizin vor, dies unter dem Eindruck des akuten Fachkräftemangels, vorausgesagt für 2030 und leider bereits jetzt schmerzhaft spürbar. Es geht um die Nachwuchsförderung. Wir werden nächstes Jahr in die Diskussion der SBFI-Botschaft Vorschläge zur Linderung des Mangels in der Grundversorgung einbringen. Das Problembewusstsein steigt, um Unterstützung werden wir dankbar sein. Nur mit weiteren Medizinstudienplätzen, eigenem genügendem Nachwuchs in Versorgung und Pflege und der Fokussierung auf die Grundversorgung kann das Gesundheitssystem vor Schlagseite und Kollaps bewahrt werden. Davon sind wir überzeugt, deshalb lohnt sich diese Investition jetzt. 

Die Prioritäten des neuen Departementchefs im EDI sind aus unserer Sicht ebenfalls klar. Der Tardoc steht ganz oben auf der Liste, das muss jetzt endlich die neue Basis werden. Darauf können wir aufbauen. Und dass die Volksinitiative Kinder ohne Tabak konsequent umgesetzt werden muss, ist fraglos der andere Lackmus-Test für den Einstieg ins Metier. Jeder gut investierte Franken in wirkungsvolle Prävention zahlt sich um ein Vielfaches in der Zukunft aus.

Genug der Vorfreude auf die Gesundheitspolitik der neuen Legislatur. Bewahren Sie, liebe Parlamentarierinnen und Parlamentarier den Erhalt und die Stärkung der medizinischen Grundversorgung im Hinterkopf. Es wird sich lohnen!