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Online-Magazin von mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz

Lesedauer ca. 2 Min.

Vom Datensalat zu mehr Patient:innenzeit

Kommentar

Vom Datensalat zu mehr Patient:innenzeit

Was nützen neue digitale Prozesse, wenn sie im Praxisalltag keine Erleichterung bringen? Während die elektronische Krankengeschichte zum Standard wird, bleibt die Vernetzung mit dem elektronischen Patientendossier (EPD) aus. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass sich Ärzt:innen gegen diesen Fortschritt wehren. Im Gegenteil: Wir fordern eine sinnvolle Digitalisierung, die den Praxisalltag nicht erschwert, sondern vereinfacht.

Die zunehmende Verbreitung der elektronischen Krankengeschichte bei Haus- und Kinderärzt:innen zeigt deutlich, dass digitale Lösungen in der täglichen Praxis längst Realität sind. Gleichzeitig wird sichtbar, dass die Integration in das elektronische Patientendossier (EPD) noch kaum stattfindet.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Nur wenige Software-Anbieter haben bislang eine direkte Anbindung an das EPD realisiert. Selbst das einfache Hoch- oder Herunterladen von PDF-Dokumenten ist bei den meisten Praxisinformationssystemen gar nicht möglich. Die vom Gesetz vorgeschriebenen strukturierten Austauschformate – etwa die eMedikationsliste, der eImpfplan oder die eAllergien – sind zwar von den Stamm-/Gemeinschaften umgesetzt, doch fehlt es überall an der entscheidenden «letzten Meile»: der nahtlosen Integration in die Primärsysteme der Arztpraxen. Solange dies nicht gewährleistet ist, entsteht für uns Ärzt:innen zusätzliche administrative Belastung ohne erkennbaren Mehrwert im Alltag.

Entscheidend ist, dass Schnittstellen und Anwendungen entwickelt werden, die nicht nur Daten speichern, sondern auch die realen Praxisprozesse sinnvoll digital abbilden. Informationen, die strukturiert erfasst werden, sollten ebenso strukturiert weitergegeben und nahtlos in die nachfolgenden Systeme integriert werden können. Die semantischen Standards wie SNOMED-CT oder Austauschformate wie FHIR sind dafür längst verfügbar und werden teilweise international bereits erfolgreich eingesetzt.

Haus- und Kinderärzt:innen sperren sich nicht gegen die Digitalisierung. Im Gegenteil: Wir fordern eine konsequente digitale Durchdringung der gesamten Informations- und Austauschprozesse im Behandlungsnetzwerk. Dazu gehört auch die Vernetzung mit Behörden, etwa bei meldepflichtigen Erkrankungen, oder mit Versicherern, beispielsweise für Kostengutsprachegesuche. Unsere Hoffnung richtet sich dabei stark auf das Bundesprojekt Digisanté, das die Grundlage für eine wirklich integrierte und digitale Gesundheitsversorgung schaffen könnte.

Wenn diese Rahmenbedingungen erfüllt werden, wird sich auch das EPD von selbst durchsetzen – weil die relevanten Daten dann ohnehin digital vorliegen und effizient genutzt werden können. Bis dahin aber bleibt der Praxisalltag von Medienbrüchen, Insellösungen und unnötigen Umwegen geprägt.